Dienstag, 31. Januar 2012

Eine Liebeserklärung an Südamerika

Wie schon beim Verfassen meines ersten Blogs sitze ich am Strand und geniesse meine letzten Stunden auf einem Kontinent, der mir ans Herz gewachsen ist. Ein kleines Beispiel gefälligst? Gerade eben bin ich am Strand von einem Peruaner angesprochen worden, ob ich mich nicht zu seiner Familie setzen möchte um ein bisschen zu quatschen. Ich kenne inzwischen seine Freundin und seine beiden Cousinen und wir haben uns für heute Abend spontan verabredet, um gemeinsam ans Dorffest zu gehen. Mal ganz ehrlich, ist das jemanden von euch schon jemals passiert in der Schweiz? Anfänglich musste ich mich als Schweizer auch an diese Offenheit gewöhnen und war öfters kritisch und zurückhaltend, inzwischen lasse ich mich auf solche Dinge ein, ganz einfach weil es wunderschöne Begegnungen sind, die Leute hier einfach Interesse am Gegenüber zeigen und die Offenheit mitbringen, die uns oft fehlt, eine beneidenswerte Eigenschaft der Südamerikaner. Ich weiss, dass wir Schweizer eine völlig andere Mentalität haben und auch sehr nett sein können, aber schon nur ein Bruchteil dieser Herzlichkeit gegenüber Fremden würde, so glaub ich, einige aus dem Alltagstrott des Individualisten ziehen. Probiert es doch mal aus, ich für meinen Teil habe mir fest vorgenommen, in Zukunft ein bisschen weniger mit der Einstellung „hey was will der von mir?“ auf Fremde zu reagieren und auch mal aktiv jemanden ansprechen, der alleine ist und vielleicht gerne Gesellschaft hätte.

la abuela in action, Weihnachten peruanisch
Es ist viel Zeit vergangen seit meinem letzten Blog, als Entschuldigung für meinen fehlenden Dezemberbericht mache ich die Familie von Rocio (die Frau von Schenk) und meine nimmer Müde Besucher Buri, Dävu und Schenk aus der Schweiz verantwortlich ;-)). Wer schon mal eine peruanische Weihnachten erlebt hat, dem muss ich wahrscheinlich nicht mehr viel erklären. Hat jemand von euch schon mal mit der 88 jährigen Grossmutter bis um 6 Uhr in der Frühe gefeiert und getanzt?! Tja so läuft das bei der Familie Urbano in Lima, und wir hatten noch etliche andere Familienfeste, eigentlich weiss ich gar nicht mehr so genau was wir jeweils gefeiert haben, aber vor Tagesanbruch ins Bett zu gehen scheint in dieser Familie tabu zu sein...Aber schön war es, speziell an Heiligabend hat mir meine Familie schon fest gefehlt, und ich war sehr froh, dass ich auf dieser Reise mit sehr guten Freunden und bei einer wunderbaren Familie Weihnachten feiern konnte und nicht irgend in einem Hostal verbringen musste.

Medellin, von einem Aussichtspunkt aus
Überhaupt bin ich in den letzten zweieinhalb Monaten immer wieder von mir eng vertrauten Personen umgeben gewesen. Ich konnte so auf meiner Reise den Luxus geniessen, einen Mix aus alleine Reisen und Gesellschaft von sehr guten Freunden zu haben. Angefangen hat alles in Medellin (Kolumbien), welche ich zu meiner Lieblingsstadt in Südamerika erkoren habe. Dort hat mich Cathalina (Cousine von Michel, Ehemann von Ursula, kompliziert gell ;-)) empfangen und mir die ganze Stadt aus ihrer Sicht erklärt, das Beste was einem für eine solch grosse Stadt passieren kann. Anschliessend kam Anja für drei Wochen nach Kolumbien, um mit mir den Norden des Landes inklusive der Karibikküste zu erkunden. Leider waren wir in diesen drei Wochen nicht gerade vom Glück verfolgt...Anja's Kamera und ihr ganzes Bargeld wurden aus einem Hotelzimmer geklaut, während meine Wertsachen nicht im Ansatz angetastet wurden, obwohl sie auch offen auf dem Bett lagen. Ab der zweiten Hälfte wurde Anja von immer wiederkehrenden Bauchkrämpfen geplagt, die trotz starker Antibiotika nicht schwinden wollten. Am Schluss wurde es so schlimm, dass wir einen nicht geplanten Flug von Santa Marta nach Bogota buchen mussten und dort vom Flughafen direkt in die Notfallstation eines Spitals gingen. Nach intravenösen Morphium, etlichen Telefonaten mit Versicherungen, Familie und unserem Flugspezialisten Lorenz (ein grosses Merci an dieser Stelle an dich Lorenzo), konnte Anja nach vier langen Tagen das Spital mit der Diagnose Parasiten verlassen und endlich in die Schweiz zurück kehren. Bei allem Respekt für das kolumbianische Gesundheitssystem, ich wünsche niemanden einen Aufenthalt in einem Spital hier. Obwohl als eines der besten Spitäler in Bogota angepriesen, waren wir nach vier Tagen so etwas von entnervt und am Ende unserer Geduld, dass ich unfreundlich werden musste. Anja wird hoffentlich trotz vielen Bauchschmerzen und dem Verlust ihrer Fotos auch die schönen Momente in Erinnerung behalten.

Hotelzimmer mal ein wenig anders (auf dem Schiff)
Um nach Peru zu gelangen, wählte ich eine eher unbekannte Route. Diese führte mich über Laeticia von Kolumbien nach Iquitos, eine einzigartige Stadt inmitten des peruanischen Jungles ohne Verbindungsstrasse zum Rest des Landes. Das Klima ist tropisch und die Temperaturen unglaublich hoch, meine Tagesaktivitäten beschränkten sich darum auf Ausflüge mit einem Mototaxi und ständiger Schattensuche. Weit erfrischender war dann meine dreitägige Schiffsfahrt, um weiter westlich nach Tarapoto zu reisen. Also eigentlich war es ein Cargoschiff. Von Auto, über Metall bis hin zu Schweinen wurde nämlich alles transportiert, was so auf ein Schiff passt. Und wie es der Zufall so wollte, war ich der einzige Tourist unter ungefähr 600 Peruanern. Das anfänglich erwähnte Interesse an Fremden war natürlich auch hier ungebrochen, alle meine Versuche ein Buch zu lesen musste ich aufgeben. Ich war ununterbrochen von zwei oder mehr Peruaner/innen umgeben, die mit mir über Gott und die Welt sprechen wollten. Eigentlich schön, aber nach drei Tagen hatte ich dann doch genug sozialen Austausch und war Müde. In einer Hängematte zu schlafen tönt übrigens romantischer als es effektiv ist, mein Rücken jedenfalls schmerzte jeweils nach dem Aufstehen ziemlich heftig. Ich fand so einen guten Grund mir in Tarapoto ein für meine Verhältnisse luxuriöse Bleibe zu suchen und nach dem fast ungeniessbaren Essen auf dem Schiff die exzellente Küche dieser Stadt zu kosten. Überhaupt ist die peruanische Küche meiner Meinung nach mit Abstand die Beste der von mir besuchten Ländern. Die Vielfältigkeit ist schier unbegrenzt und die Ceviche (http://de.wikipedia.org/wiki/Ceviche) einfach göttlich!

Machu Pichu, eine Klasse für sich!
Mitte Dezember empfingen mich Buri und Dävu in Mancora, dem wahrscheinlich bekanntesten Badeort von Peru. Es war ein herzliches Wiedersehen und uns gefiels so gut in diesem Ort, dass wir spontan fünf Tage dort verbrachten, bevor wir mit einem Nachtbus nach Lima reisten. Lima ist immens und wir waren froh, bei unserer Ankunft ein wenig Support von Rocio und Schenk zu erhalten um direkt an das erste von noch vielen folgenden Familienfeste geschleppt zu werden. Meine Reisekumpel werden es bestätigen, dies waren definitiv die strengsten Weihnachten meines Lebens ;-). Gut hatten wir am 27. Dezember einen Flug nach Cusco, so konnten wir uns noch einige Tage ausruhen vor dem Neujahrsfest. Cusco ist eine typische Kolonialstadt mit einer bemerkenswerten Architektur, klein und übersichtlich und vollgepackt mit Touristen aus der ganzen Welt. Kein Wunder, die verborgene Inkastadt Machu Picchu ist nur wenige Stunden entfernt und ein Muss für jeden Touristen, der dieses Land besucht. Lasst euch von der Einzigartigkeit dieses Ortes überzeugen und schaut euch die Bilder an. Die Frau in unserer Bande ist übrigens Judith, ein tolles Mädel aus Passau in Deutschland, welches uns zehn Tage begleitet hat und in jeder Hinsicht eine Bereicherung für uns war. Mit ihr überquerten wir dann auch die Grenze zu Bolivien um in unsere letzte gemeinsame Station (La Paz, die Hauptstadt von Bolivien) vor dem Rückflug von Dävu und Buri zu gehen. Bolivien tickt ein wenig anders als die anderen südamerikanischen Staaten. Die Leute sind eher scheu, oft sogar nicht sonderlich gastfreundlich und eher traditionell eingestellt. So sieht man beispielsweise auch in der Hauptstadt haufenweise Frauen in Urtrachten. Und das Leben ist hart in diesem armen Land, die Wirtschaft stagniert, es sind im Gegensatz zu Peru kaum Fortschritte zu erkennen und die Politik wie an vielen Orten hier in Südamerika korrupt. Was Bolivien für mich so einzigartig macht ist die Leere und Ruhe ausserhalb der Städte. Ein riesiges Land (Fläche eine Million Km2) mit nur knapp zehn Einwohnern pro Km2, unvorstellbar für uns Schweizer mit fast 200 Bewohnern pro Km2. Leider hat es in den drei Wochen in Bolivien nicht gereicht, alle Regionen des Landes zu besuchen, ein Grund zurück zu kehren.

Für meine letzten zwei Wochen meiner Reise bin ich mit Schenk zurück nach Peru gereist, konnte nochmals die Gastfreundschaft der Familie Urbano in Lima geniessen und mit Rocio + Schenk einen schönen Abschluss ihrer Ferien feiern. Meine letzte kleine „Reise“ führte mich in die Region Arequipa, wo ich im Valle de Colca eine eindrückliche dreitägige Wanderung machte und mich schliesslich an diesem beschaulichen Badeort in Mejia für die Rückreise in die Schweiz versuche vorzubereiten. Bis zu minus zehn Grad soll es nächste Woche werden, da komm ich ja genau zum richtigen Zeitpunkt heim ;-). Ich verlasse Südamerika mit einem lachenden und weinenden Auge. Einerseits hätte ich gerne noch mehr Zeit hier verbracht, es gibt noch so viel zu sehen und die Menschen hier machen den Abschied auch nicht einfacher. Andererseits freue ich mich auch wieder auf die Schweiz, euch alle wieder zu sehen. Das Jahr 2012 bringt für mich auch einige Veränderungen mit sich, ich werde mir eine neue Arbeit in meinem Wunschbereich suchen, das erste Mal eine eigene Wohnung haben und mit neuen Eindrücken aus anderen Kulturen heimkehren.

Zum Abschluss meines vierten und letzten Blogs möchte ich euch allen danken für die vielen schönen Feedbacks, e-Mails und SMS während meiner Reise, die mir jeweils halfen, wenn ich mich alleine fühlte. Ich werde nicht mehr alle beantworten können in meinen letzten Reisetagen, hole dies jedoch in der Schweiz nach, versprochen. Ab dem Mittwoch 1. Februar 2012 bin ich wieder zurück in der Schweiz und habe vorläufig ganz viel Zeit für euch ;-).

Adios America del Sur, hola Suiza!

Silvan

Hier gehts zu den Fotos:
 

Mittwoch, 30. November 2011

Drei Monate Südamerika: Und ich bin noch keineswegs Müde ;-)

Ich habe mir für die Veröffentlichung meines dritten Blogs etwas mehr Zeit genommen, dies aus zwei Gründen: Den ersten darf ich hier eigentlich fast nicht erwähnen, aber auch Reisen kann sehr anstrengend und zeitintensiv sein ;-), man muss sich die ruhigen Minuten nehmen um ungestört ein e-Mail zu beantworten, geschweige denn einen Blog zu schreiben. Der zweite Grund ist die nicht wirklich vorhandene Infrastruktur. Oft ist gar kein Internet verfügbar und ich habe mich längst damit abgefunden, dass Wireless Verbindungen in den Hostels in Kolumbien einem Glücksspiel ähneln. Als Reisender hat man also tatsächlich auch seine Problemchen, ich nenne diese jeweils Luxusprobleme, alles andere wäre dekadent, denn die Leute hier bewegen ganz andere, richtige Probleme. Zu meinen Luxusproblemen gehören beispielsweise das Packen des Rucksacks (kann einem echt nerven!), die sehr langen und teilweise ungemütlichen Busfahrten (wir haben es längst aufgegeben, irgend ein Nachmittagsprogramm zu planen, wenn wir von A nach B verschieben , Reisetag ist Reisetag, egal ob die Distanz auf der Karte nach vier oder vierzehn Stunden aussieht, es kommt eh anders) oder mein langersehntes Paket aus der Schweiz, das seit 10 Wochen irgendwo bei der ecuadorianischen Post liegt und ich hoffentlich dann zu Weihnachten in Lima empfangen kann.

ist das Leben nicht schön?!
Inzwischen bin ich schon rund zwei Monate unterwegs und habe zwei wunderschöne Länder bereist, bereichernde Begegnungen gehabt und viel erlebt. Da ist einerseits Ecuador, klein, übersichtlich und mit seinen vier Regionen (Amazonas, Sierra, Küste und Galapagos) doch so vielfältig. Die Küste besitzt zwar keine spektakulären, palmenübersähten Strände und auch das Wetter zeigt sich im Oktober nicht von seiner besten Seite, aber einige Orte sind mir des Charmes und dem guten Essens wegen trotzdem in bester Erinnerung geblieben. Und die Galapagos Islands sind ein Paradies für alle Tier- und Naturliebhaber und trotz der Kosten allemal eine Reise wert. Mein Tipp; nicht von den überteuerten Preisen der Reisebüros in Quito verunsichern lassen, einfach auf LAN.com einen Flug für 250 Dollar buchen und ohne Tour ab auf die Inseln. In der Nebensaison sind die Boote nie voll und man kriegt am Abend vor Abfahrt der Bootstouren bessere Angebote zu absolut last second Preisen. Bruno (mein französischer Reisegenosse für die ersten zwei Wochen) und ich konnten diesen nicht widerstehen und so buchten wir spontan doch noch eine 4-tägige Bootstour, die wir so schnell nicht mehr vergessen. Der Bruno wahrscheinlich eher seines Magens wegen, ich wegen der unglaublichen Tierwelt und der geselligen Gruppe auf dem Boot, lasst euch von den Fotos inspirieren und für eine Reise dorthin überzeugen.


Zurück in Guayaquil war ich dann das erste Mal auf mich alleine gestellt, weil Bruno weiter Richtung Süden (Peru) weiter ging und ich noch weitere zwei Wochen in Ecuador Zeit hatte, bevor ich Ende Oktober die nördliche Grenze von Ecuador zu Kolumbien passierte. In Baños habe ich wegen der vielen Outdooraktivitäten viel geschwitzt und mir als Belohnung einmal ein echtes Schweizer Fondue gegönnt, meine neugewonnenen israelischen Freunde hatten keine Wahl, die habe ich einfach „mitgeschleipft“ und sie haben es nicht bereut ;-). Im Amazonas hatte ich das Vergnügen Gabriel kennen zu lernen, einen indigenen Touristenguide, der von keinem Insekt zurückweicht und in seiner Stadt als Schlangen- und Tarantelnkönig bekannt ist (Dieser Spinner wird im Dezember tatsächlich versuchen, mit 250 Taranteln eine Minute lang in einem Käfig auszuharren, dies wäre dann ein neuer Guinnessrekord). Er war es denn auch, der mir eine Tour im Jungle aufschwatzte, und da ich weit und breit der einzige Tourist war, hatte ich kurzerhand eine dreitägige Privattour und lernte dabei, wie ich im Amazonas mit Pflanzen, Fischen und Früchten mehrere Wochen überleben kann.

Nach einem kurzen wiedersehen mit Quito und einem Abstecher zum wohl grössten artisanalen Markt in ganz Südamerika in Otavalo überquerte ich dann ende Oktober die Grenze zu Kolumbien.

Aller Anfang war schwer, meine zwei Reisebegleiterinnen (die doch ein wenig ein mulmiges Gefühl hatten beim Gedanken, die Grenze zu Kolumbien zu überqueren) und ich blieben bereits an der Grenze für volle sechs Stunden stecken. In Kolumbien fanden genau an diesem Sonntag Wahlen statt und die Grenze wurde darum vorübergehend gesperrt. Warum dies so gehandhabt wird, bleibt wahrscheinlich für immer ein Geheimnis der Behörden Kolumbiens. Ansonsten aber sollen die Wahlen ein voller Erfolg gewesen sein, im Verlauf des Abstimmungskampf wurden nur gerade 42 Kandidierende ermordet (entschuldigt an dieser Stelle meinen Sarkasmus), die tiefste Rate seit eh in Kolumbien. Diese Zahl wird die meisten von euch zwar erschüttern, wer aber die Vergangenheit dieses geplagten Landes kennt, wird es als positives Zeichen werten. Kolumbien hat in den letzten paar Jahren grosse Anstrengungen unternommen, die Sicherheit unter Kontrolle zu kriegen. Die FARC (http://de.wikipedia.org/wiki/FARC) hat stark an Terrain verloren und beherrscht fast ausschliesslich nur noch Gebiete im Amazonas, die beiden Drogenkartelle von Medellin und Cali sind gefallen und Polizei und Militär sind omnipräsent, um die Sicherheit der Leute zu gewährleisten. Was die Korruption anbelangt jedoch, steckt Kolumbien noch in den Kinderschuhen und hat noch viel nachzuholen, das Vertrauen der Bevölkerung hat die Regierung darum verständlicherweise noch nicht vollständig gewonnen.

Spontanes "Fotoshooting" an einem Busbahnhof
Nach vier Wochen in diesem wunderbaren Land kann ich Bilanz ziehen und euch versichern, dass Kolumbien nichts von all dem ist, was wir oft noch in den Köpfen haben in der Schweiz. Egal wo, ich fühle mich in Kolumbien einiges sicherer als beispielsweise in den Städten von Ecuador. Allem voran der Süden des Landes ist ausserordentlich schön, noch so unentdeckt und frei von Tourismus, so frei dass ich mehrere Male im Bus wie ein Ausserirdischer angestarrt wurde oder wie ein Star für ein Foto mit ihnen posieren „durfte“. Und die Leute, ich habe noch nie in meinem Leben so hilfsbereite Menschen kennengelernt, ich kann diese Gastfreundschaft gar nicht in Worten beschreiben und sie nur so erklären, als dass die Leute so froh sind und stolz sind, den wenigen Touristen endlich ihr schönes Land zu zeigen.

Ich bin inzwischen mit Anja im Norden an der Karibikküste, der Name ist natürlich Programm. Von unseren Abenteuern inklusive meiner Lieblingsstadt Medellin gibts dann im Dezemberblog mehr zu lesen und sehen ;-)...

Geniesst die Weihnachtszeit in der Schweiz, die ist hier nämlich nicht halb so schön und esst ganz viele „Guezli“ für mich, versprochen?!

Hasta luego amigos!

und hier die Fotos...


  
Ecuador - Baños


Ecuador - Jungle






Colombia - Cali+Salento

Dienstag, 4. Oktober 2011

Adios Quito – Buenas La Costa!

Ich sitze (wieder einmal) auf einer Terrasse, draussen finde ich meine Ruhe am ehesten, um zu schreiben. Habe mich soeben entschieden, keine Musik zu hören, den das Rauschen des Meers nach einem intensiven Monat in Quito zu hören ist Sound genug.

Letzte Nacht habe ich mein viermonatiges Abenteuer gestartet, Südamerika zu erkunden. Mit einem Nachtbus von Quito über Atacames nach Same, einem winzigen Dörfchen weit ab vom Massentourismus. Der Strand ist breit und lang, das Meer unendlich und ich bin weit und breit der einzige Tourist, es ist Nebensaison in Ecuador. Als Traveler kannst du von diesem Umstand nur profitieren, die Zimmerpreise sind verhandelbar, die Ruhe ist spürbar. Und ich habe das beste Zimmer des ganzen Hostels ;-)). Der Start meiner Reise aber war anstrengend, ich habe mir in Quito eine Erkältung eingefahren, der Bus war wie immer völlig unterkühlt und als ich völlig schlaftrunken Morgens um fünf Uhr in Atacames ankam, hatte ich das Gefühl, fünf Frösche im Hals zu haben und vom Druck des Höhenmeterunterschieds ein taubes rechtes Ohr. Ich brauchte einige Minuten, um zu realisieren, dass ich gar noch nicht an meinem Reiseziel angekommen war. Der Tuktuk-Fahrer (ja die gibts hier auch) war leicht verwirrt, als ich ihm erklärte, dass ich noch mit dem Bus weiterfahren werde, nachdem wir vorher 3 Minuten über Preise von Hostels in Atacames verhandelt hatten, irgendwie war ich noch im Tiefschlaf :-). Und ich hatte keine Ahnung, wo ich den Bus nach Same finden kann, so ging ich einfach mal ein Stück und fragte einen Portier eines Hotels, der schickte mich wieder zurück an den Ort, wo ich ausgestiegen bin. Auf dem Weg zurück pfiff mich ein älterer Mann vehement zurück, ich solle ja nicht in diese Richtung laufen, sonst würde ich ausgeraubt werden. Ich war völlig verwirrt, aber irgendwie sagte mir ein Gefühl, ich sollte diesem Mann vertrauen; es war die richtige Entscheidung. Zurück beim Portier gewährte mir dieser Zutritt in seine Rezeption. Der Bus kam Minuten später, der ältere Mann holte mich aus dem Hotel und begleitete mich zum Bus, was für ein Engel zu früher Morgenstunde!

Ich erachte die (Un)-Sicherheit als grösstes Problem dieses Landes, obwohl ich noch nirgends auf der Welt so viel Polizeipräsenz gesehen habe. Rafael Correa, Präsident von Ecuador, konnte viele soziale Ungerechtigkeiten beheben, gleichzeitig öffnete er die Grenzen, für viele Leute der Grund für die aktuellen Probleme des Landes. Viele Einwanderer aus Peru, Kolumbien und anderen Ländern Südamerikas versuchen ihr Glück in Ecuador des US-Dollars wegen, Arbeit aber gibt es zu wenig hier. Die Folgen sind absehbar, entweder arbeiten die Einwanderer illegal, betteln sich durch die Grossstädte oder werden kriminell. Ich fühle mich nicht unsicher hier, mir ist auch noch nichts zugestossen, aber man hört viele Geschichten, die einem nachdenklich stimmen. Ich habe in den letzten vier Wochen ungefähr 10 Personen kennen gelernt, die ausgeraubt wurden, teils mit Gewalt. Meine Konsequenzen; Achtsamkeit und ein selbstbewusstes Auftreten. Ich meide die Leute nicht, schaue ihnen in die Augen und spreche sie an, wechsle selten die Strassenseite und beobachte Alle(s), was ich in meiner Umgebung sehe. Ich möchte hier kein falsches Bild des ecuadorianischen Volks abgeben, die überwiegende Mehrheit der Menschen hier sind sehr warm und herzensgut, auch sie fürchten sich vor den Überfällen und sind oft selbst Opfer, Touristen sind einfach eher noch potentiell „Reiche“ mit besser gefüllten Hosentaschen und darum vermehrt Ziel dieser Taten.

Alejandro + Bruno, meine zwei neuen Freunde
In den letzten drei Wochen habe ich unglaublich viel erlebt in Quito, dies war ein Grund, warum ich unbedingt an die Küste wollte; Ruhe finden und die Eindrücke verarbeiten. Ein paar wertvolle „Souvenirs“ sind mir geblieben. Mitte dieser Woche werde ich meine zwei besten Freunde aus der Stadt wiedertreffen. Zum einen ist da Bruno, ein 40-jähriger Franzose aus Toulouse, geschieden und Vater von zwei Kindern, die ihn in Buenos Aires besuchen werden. Er ist völlig mein Typ, vom Charakter her eher der Ruhige, hat gleiche Vorstellungen vom Reisen und ist einer der wenigen Studierenden aus meiner Sprachschule, der sich zwingt mit mir Spanisch zu plaudern, obwohl uns das Kommunizieren in Französisch um einiges einfacher Fallen würde ;-). Wir werden zusammen die Küste von Ecuador und die Galapagos Islands bereisen! Ja genau, ich habe mich überzeugen lassen (trotz den hohen Kosten) dieses Paradies der Tiere zu besuchen. Einfach ein wenig auf eine andere Art, neben dem Flug für 250 Fränkli haben wir keine der luxuriösen Bootstouren gebucht, wir werden die Inseln individuell mit Tagesausflügen erkunden und ganz günstig übernachten, ich glaube es wird gut! Ah und zum anderen ist da Alejandro, ein 28-jähriger Italiener aus Varese, der zwar überhaupt nicht wie ein Italiener aussieht, sich aber dafür umso mehr wie einer verhält. Alejandro redet mit allem, was ihm begegnet, egal ob Disco-Sicherheitsmann, Bardame oder wildfremde Leute auf einer Tour und er hat einen unglaublichen Charme, mit dem er fast alles kriegt, was er will. Ich glaube er kennt bereits die ganze Stadt, oder besser gesagt, die Stadt kennt ihn ;-). Das gibt ihm eine leicht nervöse Note, die ich wahrscheinlich beim Reisen nicht für Monate aushalten würde, in Kombination mit Bruno sind wir aber das Dreamteam schlechthin. Er wird uns für vier Tage begleiten, bevor er dann im Nordwesten von Ecuador für 6 Monate in einem Projekt arbeiten wird.

Ich habe also doch noch wirklich gute Freunde kennen gelernt in Quito, darunter auch ein paar Einheimische, mit denen ich eine wunderbare Zeit geniessen durfte. Und ich kann inzwischen auch das „Alleinsein“ geniessen, mehr noch, man muss sich die Zeit bewusst nehmen, um dies überhaupt noch zu können. Was mir besonders gefällt beim alleine Reisen ist diese Unabhängigkeit, ich bin nichts und niemanden etwas schuldig und mache nur das, was mir gefällt. Alles Andere wäre reine Zeitverschwendung. Es wimmelt hier nur so von 20-jährigen Traveler und ich musste zuerst merken, dass die zehn Jahre Altersunterschied (ogai sorry 11 ;-)) in diesem Alter einfach eine zu grosse Hürde ist, um eine Freundschaft aufzubauen, man ist an einem anderen Punkt im Leben, hat andere Interessen und andere Erfahrungen, die beim gemeinsamen Reisen ohne Filter aufgedeckt werden. Darum finde ich es ganz wichtig, ehrlich zu sein und auch mal Nein zu sagen, auch wenn das Gegenüber dann ein wenig erstaunt ob der vielen Ehrlichkeit sein mag und es einen kurzen Moment unangenehm wird.

Eine süsse Reisebegleitung in Mindo
Ich lasse es sein, meine Ausflüge detailliert zu beschreiben, habe eher versucht, die Fotos nach Orten zu sortieren, pickt euch doch raus, was gefällt, es sind sehr viele Eindrücke.

Meinen heutigen Blog werde ich mit ein paar Erzählungen aus meinem Alltag in Quito mit dem Projekt „Camp Hope“ und meiner Spanischschule schliessen. Ab der zweiten Woche war ich definitiv ein vielbeschäftigter Mann, um 7 Uhr in der Frühe nahm ich jeweils den Bus ganz in den Norden von Quito, tagtäglich wieder ein einstündiges Erlebnis sondergleichen, ich konnte inzwischen sogar meine Angst vor den teils wirklichen wilden Busfahrten ablegen. Ab 8 Uhr arbeitete ich dann den Morgen im Bastelatelier mit 7 behinderten Kindern (warum verschlägt es mich immer wieder in diesen Bereich, obwohl ich weder Zeichnen noch Basteln kann?!?, Gott hab ich mir gewünscht, meine beiden Schwestern oder meine Mutter in der Hosentasche dabei zu haben ;-)). Die Varietät der Behinderungen in dieser Sonderschule reichte von Lähmungen, Taubheit, Stummen, Spastikern bis hin zu einem Jungen mit dem Down-Syndrom und machte die Arbeit wirklich interessant. Und ich war erstaunt, wie professionell diese Leute beschäftigt und begleitet werden. Jeder der Bewohner verfügt über eine individuelle Förderplanung, die gebastelten Objekte werden für gutes Geld an Unternehmen verkauft und die Fluktuation der Mitarbeitenden beläuft sich zwischen 1 – 2 %, davon können einige Organisationen in der Schweiz nur träumen. Meine Professora war herzlich und bei meinem Abschluss so was von emotional, dass ich etwas überfordert mit der Situation war.

Ab 14.00 Uhr hatte ich dann jeweils vier Stunden Spanischunterricht, nach ein wiederum einstündigen Busfahrt. In den ersten zwei Tagen für mich zu viel, die Eindrücke zu stark, die Probleme mit der spanischen Sprache zu gross. Ich hatte aber Glück, meine Spanischlehrerin ab der zweiten Woche spürte meinen Gemütszustand und holte mich auf wunderbare Weise ab, so dass ich den Nachmittag jeweils als Erholung und sprachliche + kulturelle Bereicherung geniessen konnte. Caty weiss inzwischen einiges über mein Leben, in wöchentlich 20 Stunden erzählt man sich doch so einiges aus dem Leben ;-).

So meine Freunde, jetzt folgen noch die Fotos, ich freue mich weiterhin auf eure netten und schönen Kommentare und alle e-Mails, ich versuche sie von Zeit zu Zeit zu beantworten. 





- Fotos aus Quito: https://picasaweb.google.com/silvan.riccio/EcuadorQuito?authuser=0&authkey=Gv1sRgCLa52-id96bFnAE&feat=directlink
- Fotos aus dem Projekt Camp Hope (es folgen noch mehr): https://picasaweb.google.com/silvan.riccio/EcuadorProjektCampHope?authuser=0&authkey=Gv1sRgCOq4ramB1MfoNA&feat=directlink
- Vulkan Cotopaxi: https://picasaweb.google.com/silvan.riccio/EcuadorCotopaxi?authuser=0&authkey=Gv1sRgCPvfyKbKn9uN6AE&feat=directlink
- Mindo: https://picasaweb.google.com/silvan.riccio/EcuadorMindo?authuser=0&authkey=Gv1sRgCPf689Hv0sexwwE&feat=directlink

- Midad del Mundo: https://picasaweb.google.com/silvan.riccio/EcuadorMidadDelMundo?authuser=0&authkey=Gv1sRgCLbej6bWqtbvqwE&feat=directlink

 

Hasta la proxima!

Silvan





Freitag, 9. September 2011

1. Woche in Quito (Ecuador)

Bienvenidos a Quito!

Hmmmm, lange brauchte der Silvan nicht wirklich, um sich für einen Blogg durchzuringen, obwohl eigentlich gar nicht geplant gewesen ;-).  Zu fest hatte ich zuerst Angst, irgendjemanden zu enttäuschen, wenn der Silvan dann keinen Bock und vor allem keine Zeit hat, sich einem "Reisetagebüechli" (oder Neudeutsch Reiseblog) zu widmen. So ändern sich die Dinge, Beideres ist nicht eingetroffen, der sonst so vielbeschäftigte Silvan hat ganz viel Zeit für sich und das Bedürfnis sich mitzuteilen...

...Um es vorweg zu nehmen, es geht mir gut in Quito und nein ich werde nicht vorzeitig in die Schweiz zurückkehren ;-))! 

Schlechtwetterausrüstung
Ich bin seit letztem Sonntag in dieser riesigen, spannenden Stadt und fühle mich zumindest in "meinem" Quartier El Mariscal und in meinem Appartement recht heimisch. Der Flug war tiptop, obwohl mir Iberia nicht wirklich ans Herz wachsen wird, zu schlecht der Service, zu wenig grosszügig die Sitze und es gibt also tatsächlich noch Langstreckenflüge ohne eigenen Bildschirm! Umso schöner hatte ich das Glück, meine doch noch sehr lückenhaften Spanischkenntnisse kombiniert mit einem misto von Italiano mit einer Ecuadorianischen Mutter und ihren beiden sehr amüsanten Kindern zu teilen, mal schauen wie unsere "Beziehung" hält, wir haben Telefonnummern ausgetauscht und abgemacht, in irgend einem Fluss in Quito zu baden. Obwohl das mit dem baden ist in weiter Ferne, ich sitze mit meiner kompletten Schlechtwetterausrüstung auf meinem Balkon, muy frio! 


Es ist zwar Sommer in Quito, aber die 2800 m.ü.M. bemerkt man vor allem in der Nacht, wenn dann zusätzlich der Regen einsetzt, wirds echt ungemütlich. Die Höhe spürt man auch sonst gut, schnell Laufen lässt man in den ersten drei Tagen lieber sein, das Bier ersetzt man mit unglaublich guten Fruchtsäften oder Kaffee. Mit dem Essen und Trinken habe ich mich sofort angefreundet, auch dank Lorena (ehemalige Studentin im Studiengang Food Science & Management, meinem früheren Arbeitgeber). Sie hat mich am Flughafen herzlich empfangen und mir gleich am ersten Abend ein richtig authentisches Restaurant gezeigt. Meine favorisierte Tagesmahlzeit bleibt aber "el almuerzo", das Mittagsmenu mit Suppe, Hauptgang mit Fleisch, einem Dessert und frischem Fruchtsaft für zwei Dollar oder weniger!

Quito errinnert mich stark an Städte in Südostasien wie Phnom Penh in Kambotscha, unglaublich lebhaft, ziemlich chaotisch, recht arm, weitab von einer moderner Welt. Auch hier gibt es eine grosse Zweiklassengesellschaft, aber die Leute klagen nicht, sind glücklich in ihren Gesichtern und was mich immer wieder am stärksten fasziniert: Ich habe noch kein Kind zwängen oder streiten gesehen. Einen Unterschied zu Südostasien aber konnte ich ausmachen, "Quitaneros" sind den eigenen Leuten doch sehr misstrauisch gesinnt. Es wird nicht gespart mit Aufforderungen an Touristen vorsichtig und achtsam zu sein, in den Linienbussen werden Rucksäcke und Taschen durchgehend vorne getragen, man sollte immer mehrere Personen nach dem Weg fragen und absolut in keine Taxis, die nicht gelb sind, steigen. Für mich bedeutet diese Übervorsicht doch Neuland, in Südostasien habe ich etliche Male mein Hab und Gut unbeachtet oder unbedacht irgendwo liegen gelassen ;-).

Die Spanischlektionen habe ich übrigens gut überstanden, ich hatte in der ersten Woche eine strenge aber sehr gute "Profesora", 4 Stunden Individualunterricht täglich sind ziemlich intensiv aber auch wunderbar lehrreich, ich habe sogar schön fleissig meine täglich zwei Stunden Hausaufgaben gemacht, ziemlich ungewöhnlich :-). Da mein Sozialprojekt erst nächste Woche beginnt (leider hatten sie meine Daten nicht an die Organisation weitergeleitet) und ich noch keine engen "Buddies" kennen gelernt habe, habe ich praktisch meine ganze Energie in die Sprache gesteckt. Es überkommt mich irgendwie ein grosser mir fast unheimlicher Enthusiasmus für das Lernen dieser Sprache, und ich habe absolut nichts dagegen ;-)).

Mein liebgewonnener Balkon
Meine grösste Herausforderung für den Moment bleibt das Alleine sein in einem Land, das mir noch immer praktisch unbekannt ist. Meine sozialen Kontakte fehlen mir doch sehr, ich fühle mich einerseits sehr frei und unabhängig, andererseits wünschte ich mir ganz stark, das Erlebte mit einer mir engvertrauten Person teilen zu können. Alleine essen zu gehen oder ein Bier zu trinken will gelernt sein, das mache ich jetzt dann gleich ;-))...




Aber morgen resozialisiere ich mich wieder, habe mit ein paar Leuten über die Schule eine Tour auf den Cotopaxi, einen der höchsten Vulkane auf Erden, gebucht (Details: http://de.wikipedia.org/wiki/Cotopaxi), in meinem nächsten Blog gibt es dann sicherlich auch interessantere Fotos zu bestaunen. 

Hasta luego und ganz liebe Grüsse an Alle!

Silvan